In der systemischen Qualifizierung von Führungskräften machen wir die Erfahrung, dass es neben dem Erlernen neuer Methoden und Landkarten in der Führungspraxis einen differenzierten Blick auf die verschiedenen Rollenhüte braucht:

  • In welche Gespräche gehe ich mit klarem Führungshut?
  • In welchen Situationen bin ich coachend gefragt und lasse meinen Führungshut außen vor?

Das UND macht hier den Unterschied. Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um Ergänzung beider Perspektiven und innerer Haltungen in der Führungsrolle.

Die Herausforderung ist dabei zu erkennen, welche Situation eine klare Führungspositionierung braucht und in welcher Situation es um Entwicklung und Raum geben geht.
Gehe ich als Führungskraft in ein Gespräch und nehme bewusst den Führungshut ein, arbeite ich mit Einfluss: ich will zum Beispiel Aufgaben klar verteilt wissen, mit definiertem Ergebnis in einem bestimmten Zeitrahmen. Auch das Ansprechen kritischer Themen oder Verhaltensweisen, die Auswirkungen auf die Teamzusammenarbeit haben, gehören hierzu. Hier gibt es kein „ich wünsche mir von Dir“, sondern ein klares „Ich erwarte…“ oder „Ich brauche…“.

Gespräche als Führungskraft oder als Coach?

Gespräche in der coachenden Haltung sind für das Gegenüber auf Reflexion und ihre/seine Entwicklung ausgerichtet, als coachende Führungskraft frage ich tiefer, spiegele Wahrnehmungen und gebe dem Gegenüber Raum für eigene Entwicklung.
Mitarbeitende erleben allerdings immer die Person Führungskraft, die vor ihnen steht. Mitarbeitende brauchen zur Einordnung ein klares Signal, eine Kennzeichnung mit welchem Hut man ihnen gegenübertritt. Hier bewährt es sich, dies verbal einfließen zu lassen.

Gesprächsanlässe mit Führungshut:

  • Kritikgespräche: Ansprechen kritischer Themen oder Verhaltensweisen
  • Kommunikation zur Strategie und unternehmerischen Ausrichtung/Veränderungen
  • Kommunikation und Vertreten getroffener Entscheidungen
  • Vereinbarungen zu Rollenerwartungen und Zusammenarbeit im Team

Gesprächsanlässe mit Coachinghut:

  • Entwicklungsfeedback
  • Weiterentwicklung/Karrierewege des Mitarbeitenden
  • Begleitung von Konfliktgesprächen im Team
  • Begleitung von Mitarbeitenden in der Lösungsfindung/ Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten
  • Team-Reflexionen, Musterbearbeitung im Team

Wer Coaching in der Führungsrolle neu lernt und in seinen Alltag integrieren möchte, sollte bewusst darauf achten, weiterhin klar im Führungshut zu bleiben, wenn die Situation dies erfordert.
Stärker fragenbasiert zu arbeiten, die Reflexion des Gegenübers anzustoßen und Raum zu geben, macht nur dort Sinn, wo es wirklichen Gestaltungs- und Entwicklungsraum gibt.
Überall dort, wo unternehmerische Grenzen aufgezeigt, Leitlinien eingehalten oder Konsequenzen vertreten werden müssen, ist die coachende Haltung kontraproduktiv – geht es doch um reale Umsetzbarkeit im Unternehmensalltag.

Teil-Authentizität in der Führungsrolle

Oft kommt die Frage von Führungskräften: „Wo bleibt meine Authentizität, wenn ich getroffene Entscheidungen vertreten muss, die ich persönlich nicht gut finde?“
Gerade, wenn persönliche Werte und unternehmerische Werte in Entscheidungen nicht kongruent sind, beginnt das Schlingern. Volle Authentizität stößt in der Führung an ihre Grenzen. Wir sprechen hier gerne von Teil-Authentizität.

Als Führungskraft geht es um berechenbares, glaubwürdiges und transparentes Verhalten. Doch gerade in Restrukturierungen hat die volle Transparenz in der Kommunikation ihre Grenzen, da sie damit die Unsicherheit verstärken und die Leistungsbereitschaft immens mindern können.
Ein Beispiel: Bin ich als Führungskraft einer getroffenen Entscheidung gegenüber selbst kritisch und kommuniziere meine Haltung dem Team gegenüber, schlage ich mich damit auf die „Seite“ meines Teams. Kurzfristig gewinne ich damit vielleicht das Vertrauen des Teams, mittel- und langfristig fördere ich die Lagerbildung und heize ich das Misstrauen in der Mannschaft gegen die Führungsspitze und Entfremdung zum Unternehmen an.

Kollegialer Austausch im Führungsteam

Als Führungskraft bin und bleibe ich Unternehmensvertreter und brauche das Bewusstsein über die Ausgestaltung meiner Führungsrolle. Persönliche Betroffenheit oder die eigene Emotionalität gerade großen Entscheidungen gegenüber, sollte die Kommunikation und Teamkultur nicht negativ beeinflussen. Wohin mit den eigenen Emotionen? Der kollegiale Austausch im Führungsteam kann sehr unterstützend und stärkend sein. An diesem Ort können Führungskräfte ihre eigenen Betroffenheiten reflektieren und danach klar und abgestimmt die strategischen Entscheidungen in die Kommunikation zu den einzelnen Teams bringen.

Manchmal ein Tanz auf dem Seil, der viel Balance und bewusste Schritte erfordert.

Sind Sie interessiert daran Ihre coachende Kompetenz zu stärken, dann könnte unser Systemisches Curriculum „Systemische Kompetenz für Führung und Coaching“ genau das Richtige für Sie sein.

Mehr über „Emotionen und Beziehungsgestaltung in der Führung“ lesen Sie in einem weiteren Blogartikel.

 

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