Licht und Schatten, wenn’s nur um die Lösung geht

Vielleicht kennen Sie das: Das Gegenüber verfällt im Gespräch in Problemschleifen, findet den Ausweg nicht und man wird beim Zuhören immer ungeduldiger und fragt sich, wann das Gespräch endlich ein Ende hat. Den Lösungsfokus zu forcieren statt mit Problemen konfrontiert zu werden ist eine Haltung, die ich von vielen Führungskräften höre und selber auch gut kenne.

In der Lösungsfindung begleiten ohne selbst Lösungen anzubieten

Im letzten Modul unseres systemischen Curriculums vergangenen Freitag ging es um lösungsfokussiertes Coaching und die Frage, wie man sein Gegenüber durch geschicktes Fragen auf der Lösungssuche begleiten kann – ohne selber Lösungen anzubieten. Eine elegante Brücke für Führungskräfte, die weder alles selbst lösen möchten, ihr Team aber auch nicht mit Belastungen allein lassen möchten.
Lösungsfokus ist zunächst eine Haltung. Die lösungsorientierte Gesprächsführung ist abgeleitet von der psychotherapeutischen Arbeit von Steve de Shazer und Insoo Kim Berg, die davon ausgehen, dass es hilfreicher ist, sich auf Wünsche, Ziele, Ressourcen und Ausnahmen vom Problem zu konzentrieren anstatt auf Probleme und deren Entstehung. Die Haltung dahinter: durch Fokus aufs Problem vertieft sich das Problem.

Lösungsfokus sucht die „positiven Unterschiede“ und verstärkt diese

In lösungsfokussierten Gesprächen beobachtet man, was im Sinne einer Lösung funktioniert und tut in kleinen Schritten mehr davon, um eine Veränderung herbei zu führen. Einen Einstieg in solche Gespräche bieten zum Beispiel folgende drei Impulsfragen:

  • „Was müsste für Dich in diesem Gespräch geschehen, dass Du am Ende sagen
    kannst, es hat sich gelohnt?“
  • „Was möchtest Du zur Sprache bringen und was erhoffst Du Dir davon?“
  • „Was machst Du anders in der Zeit, in der die Situation etwas besser ist?“

Als Coach oder coachende Führungskraft braucht man dabei eigentlich kein Wissen über das Problem und den Kontext, das entlastet erstmal. Und hier liegt gleichzeitig der Schatten der Lösungsorientierung, denn es braucht Fingerspitzengefühl, wieviel „Problem-Raum“ für das Gegenüber notwendig ist, um innerlich einen Lösungsraum öffnen zu können.

Über Probleme reden dürfen, macht innerlich frei, gerade wenn diese gerade sehr präsent oder belastend erlebt werden

„Es muss erstmal raus“ und verstärkt auch den sozialen Kitt, wenn ich mich in meinem Problemerleben öffnen und mitteilen kann. Zuviel Problemkontext verstellt allerdings auch den Blick auf Lösungen und schneidet von den eignen Ressourcen ab. Es kommt zur „Problemtrance“ und die Problemschleifen verstärken sich. Der Moment im Gespräch, in dem man von der Problem- auf die Lösungsebene wechselt, wird mit der Erfahrung in solchen Gesprächen immer deutlicher spürbar.

Um beim anfänglichen Beispiel zu bleiben: wenn Sie selbst das ungeduldig werden bei Problemen kennen, kann es sich lohnen mal auf die Glaubenssätze dahinter zu schauen.
Eine Führungskraft erkannte letztens selbst im Coaching, dass hinter ihrem konsequenten Fordern von Lösungen zwei Glaubenssätze stecken: „ich darf andere nicht mit meinen Problemen belasten“ und „ich muss stark genug sein, meine Probleme selbst zu lösen“. Dies verlangt sie von sich selbst und das forderte sie unbewusst auch von anderen. Was einerseits die Eigenverantwortung ihres Teams stärkt, aber auch den Druck und die Belastung erhöht und eine Distanz zwischen ihrem Team und ihr förderte.

Drei Reflexionsimpulse für Ihre eigene Führungspraxis:

  • Worin fühle ich mich selbst „wohler“ – im Problem- oder im Lösungsraum? Wohin tendieren meine Gedanken eher?
  • Wie gehe ich bei mir selbst mit Problemschleifen um und wie komme ich auf stabile Lösungen? Was davon wirkt auf mein Team?
  • Wie gelingt es mir, Lösungsräume zu öffnen, wenn Menschen sehr in Schleifen feststecken?

Sind Sie neugierig geworden und möchten unter anderem lösungsfokussierte Gespräche erlernen oder weiter ausbauen? Im Juni startet der neue Durchgang unseres systemischen Curriculums, mehr Infos dazu finden Sie hier.

Noch ausführlicher und persönlicher beraten wir Sie bei unserem Online-EINBLICK in die Ausbildung am 07. Mai 2024 von 18.30-19.30h mit den beiden Lehrcoaches Marion Winners und Silke Reinhardt. Anmeldungen gerne an Susanne Leschke: leschke @avenue.de

 

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